59. Berlinale vom 5. - 15. Februar 2009 - Filmtipps für alle Sektionen - Aviva - Berlin Online Magazin und Informationsportal für Frauen aviva-berlin.de Kunst + Kultur



AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 02.02.2009


59. Berlinale vom 5. - 15. Februar 2009 - Filmtipps für alle Sektionen
Tatjana Zilg

Weltberühmte Schauspielerinnen wie Renée Zellweger und Michelle Pfeiffer, innovative Regisseurinnen wie Sally Potter und Monika Treut, Nachswuchstalente wie Birgit Minichmayr und Franziska Petri ...




... werden zum weltweit größten Publikumsfestival rund um den Potsdamer Platz erwartet.

Spielorte finden sich aber auch weiter westlich und östlich unter den schönsten Berliner Kinos, die stilvolle Umgebungen und riesige Leinwänden bieten – unter anderem das Babylon in Mitte, der Zoo-Palast 1 in Charlottenburg, dort auch das Delphi und neu hinzugekommen das Cinema Paris. Ebenso neu akquiriert wurde der prachtvolle Friedrichsstadtpalast, der sich mit Hilfe von technischer Hochaufrüstung vom Musical-Saal zur temporären Berlinale-Spielstätte verwandeln wird. Die Reihe "Berlinale Special" veranstaltet hier einige Gala-Screenings, so auch die Premieren des Biopics "Hilde" (Heike Makatsch als die Chanson- und Schauspiel-Legende Hildegard Knef) und der Neuverfilmung des Theodor Fontane-Klassikers "Effi Briest" (Regie: Hermine Huntgeburth, Julia Jentsch in der Hauptrolle).

Weitaus mehr mit der Gegenwart als die historische Literaturadaption beschäftigen sich die zahlreichen packenden und bewegenden Filme, die für den Teddy-Award 2009 ins Rennen gehen. Unter anderem gibt es zwei Arthouse-Krimis zu sehen, in denen lesbische Paare in rätselhafte Abgründe geraten und deren Beziehung sich dadurch zu verlieren drohen ("El niño pez" und "Ghosted"). Etliche der Dokumentarfilme, die im Gesamtprogramm wie gewohnt einen hohen Anteil haben, beschäftigen sich unter vielseitigen Aspekten mit Queer-Themen ("Pedro", "The Good American", "City of Borders"). Dem diesjährigen Special TEDDY Preisträger Joe Dallesandro ist der Dokumentarfilm "Little Joe" von Nicole Haeusser gewidmet. Die Preisverleihung des TEDDY – Queer Film Awards und die anschließende beliebte Party (dieses Jahr mit Squeezebox, Sherry Vine, Gloria Viagra und Peaches) findet am Freitag, 13. Februar, ab 21 Uhr im Haus der Kulturen der Welt statt. Die achtköpfige Jury, bestehend aus Festivalprogrammern aus der ganzen Welt, vergibt den Preis zum 23. Mal in Berlin.

Unter den angekündigten Gästen aller Sektionen befinden sich einige Namen, die für das Aufbrechen filmischer Stereotypen von Weiblich und Männlich stehen und deren Arbeiten sich aufgrund eines innovativen Umgangs mit cineastischen Stilmitteln und Erzählweisen auszeichnen.

Den Vorsitz der Internationalen Jury wird Tilda Swinton einnehmen, die 2008 als "Julia" mit ihrer schonungslosen Darstellung einer Alkoholikerin, die kaltblütig ein Kind entführt, für Aufsehen sorgte. Für Tilda Swinton war dies ein Experiment unter Experimenten, denn bisher prägte meist eine ätherisch-extravagante Schönheit ihre Rollen. Ihr Filmdebut gab sie in Derek Jarmans "Caravaggio", der 1986 auf der Berlinale einen Silbernen Bären gewann. Bis zu Jarmans Tod trat sie in jedem seiner Filme auf und widmete ihm ein filmisches Porträt, das 2008 im Panorama der Berlinale lief. Zu einem unvergesslichen Kultfilm wurde "Orlando", in dem sie die Hauptrolle spielte. Sally Potter drehte die Virginia Woolf-Adaption 1992. Die Regisseurin wird 2009 ebenfalls über den roten Teppich am Potsdamer Platz laufen, denn sie zeigt ihren neuesten Film "Rage" (unter anderem mit Dame Judi Dench im Cast) im Wettbewerb.
Zwei weitere sehr erfolgreiche Frauen stehen Tilda Swinton in der insgesamt siebenköpfigen Jury an der Seite: Die spanische Regisseurin Isabel Coixet, deren Melodram "Elegy" 2008 im Wettbewerb lief, und die amerikanische Foodaktivistin, Autorin und Starköchin Alice Waters.

Im Panorama präsentieren unter anderem Monika Treut, Lucía Puenzo und Catherine Breillat, im Forum Ulrike Ottinger und im Forum Expanded Barbara Hammer ihre neuen Arbeiten.

Nachdem bei der 58. Berlinale der Anteil weiblicher Regisseure im Vergleich zu den Vorjahren deutlich erhöht war, aber sich dies vor allem auf die Sektionen Panorama und Perspektive Deutsches Kino auswirkte, wurden für den Wettbewerb der 59. Berlinale fünf Filme von Regisseurinnen sowie ein Kompilationsfilm ausgewählt:

Alle Anderen
Regie: Maren Ade, Deutschland, 119 Minuten
DarstellerInnen: Birgit Minichmayr, Lars Eidinger, Hans-Jochen Wagner, Nicole Marischka
Modernes Beziehungsmelodram über zwei Paare, die während ihres Urlaubs auf Sardinien mit den Begrenzungen ihrer Gefühlswelt konfrontiert werden.

Rage
Regie: Sally Potter, Großbritannien, 99 Minuten
DarstellerInnen: Dame Judi Dench, Jude Law, Dianne Wiest, Steve Buscemi, Simon Abkarian
Die New Yorker Modewelt aus dem Blickwinkel eines Jugendlichen.

The Private Lives of Pippa Lee
Regie: Rebecca Miller, USA, 93 Minuten
DarstellerInnen: Robin Wright Penn, Alan Arkin, Keanu Reeves, Maria Bello, Julianne Moore, Winona Ryder
Außer Konkurrenz
Verfilmung des gleichnamigen Romans.

La Teta Asustada (The Milk of Sorrow)
Regie: Claudia Llosa, Spanien, Peru, 94 Minuten
DarstellerInnen: Magaly Solier, Susi Sánchez, Efraín Solis
Eine junge Frau muss sich mit einer mysteriösen Krankheit auseinandersetzen.

Lille Soldat (Little Soldier)
Regie: Annette K. Olesen, Dänemark, 110 Minuten
DarstellerInnen: Trine Dyrholm, Finn Nielsen, Lorna Brown
Eine traumatisierte ehemalige Soldatin wird die Chauffeurin einer nigerianischen Hostess in Kopenhagen und stellt sich plötzlich gegen alle Regeln.

Deutschland 09 - 13 kurze Filme zur Lage der Nation
Deutschland, 140 Minuten
Kompilationsfilm von Fatih Akin,Tom Tykwer, Wolfgang Becker, Sylke Enders, Dominik Graf, Romuald Karmakar, Nicolette Krebitz, Isabelle Stever, Hans Steinbichler, Hans Weingartner, Christoph Hochhäusler, Dani Levy und Angela Schanelec
Außer Konkurrenz

Feminine Weltstars in den Hauptrollen:

My One And Only
Regie: Richard Loncraine, Großbritannien, 106 Minuten
DarstellerInnen: Renée Zellweger, Kevin Bacon, Logan Lerman, Mark Rendall

Cheri
Regie: Stephen Frears, Großbritannien, Deutschland, 100 Minuten
DarstellerInnen: Michelle Pfeiffer, Kathy Bates, Rupert Friend, Felicity Jones

Um auf die Arbeit von den Filmfrauen aufmerksam zu machen, die dazu beitragen, dass ein Film überhaupt erfolgreich werden kann, verleiht der Verband der Filmarbeiterinnen zusätzlich seit 1996 den Femina-Film-Preis. Er geht an eine Filmtechnikerin im Bereich Ausstattung, Kamera, Kostüm, Musik oder Schnitt in einem deutschsprachigen Spielfilm aus den Sektionen Wettbewerb, Panorama, Forum und Perspektive Deutsches Kino.

Israelische Filme werden dieses Jahr im Panorama, im Forum, im Berlinale Special und in der Generation gezeigt. Ausführliche Infos finden Sie in unserem Artikel "Israelische Filme auf der 59. Berlinale".
Im Rahmen der Gala Cinema for Peace, die jedes Jahr parallel zur Berlinale stattfindet, wird der von Egoli Tossell Film Köln produzierte Dokumentarfilm "Menachem und Fred" der israelischen Regisseurinnen Ofra Tevet und Ronit Kertsner den Inspirational Award erhalten.

Weitere AVIVA-Tipps für die einzelnen Sektionen:

Panorama

Einen runden Geburtstag hat die Arthouse-Sektion zu vermelden: Seit 30 Jahren (anfangs noch unter dem Titel "Infoschau") lockt sie mit ihrer hochwertigen Programmauswahl das Berlinale-Publikum in die größten Kinosäle Berlins.
(Zur Feier des Ereignisses wurden unter anderem Sonder-Vorführungen aller bisher mit dem Publikumspreis ausgezeichneten Filme ins diesjährige Programm aufgenommen.)

Human Zoo (Eröffnungsfilm)
Regie: Rie Rasmussen, Frankreich, 110 Minuten
DarstellerInnen: Rie Rasmussen, Nikola Djuricko, Nick Corey, Vojin Cetkovic, Hiam Abbass, Said Amadis
Die dänische Regisseurin bringt einen rasanten Polit-Gangster-Plot in zwei Zeitlinien auf die Leinwand: Adria, halb albanischen, halb serbischen Ursprungs, lebt als illegale Einwanderin in Marseille und beginnt dort mit einem amerikanischen Lebenskünstler eine leidenschaftliche Liebesgeschichte. In einer Nebenrolle spielt Hiam Abass ihre beste Freundin. In ihren Erlebnissen und Gesprächen wird der Balanceakt zwischen Integration und Selbstbehauptung im Einwanderungsland deutlich. Parallel wird Adrias Vergangenheit im Stil eines turbulenten "Bonnie and Clyde"-Road Movies aufgerollt. Nachdem sie fast durch das Militär vergewaltigt wurde, schließt sie sich einem Deserteur an, der sich kurz darauf als charmanter, aber skrupelloser Gangster enttarnt. Als seine Komplizin verlässt Adria die Opferrolle und nimmt die Position der Täterin ein.

Ghosted
Regie: Monika Treut, Deutschland, Taiwan, 89 Minuten
DarstellerInnen: Inga Busch, Huan-Ru Ke, Ting-Ting Hu, Jack Kao, Marek Harloff
Die Premiere des Mystery-Krimis um eine melodramatische Liebesgeschichte ist zugleich ein Jubiläum: Die Regisseurin (u.a. "Kriegerin des Lichts", "Female Misbehavior", "Den Tigerfrauen wachsen Flügel") präsentiert zum zehnten Mal ihre Arbeit im Panorama der Berlinale.
Die Hamburger Video-Künstlerin Sophie Schmitt reist nach dem rätselhaften Tod ihrer jungen taiwanesischen Geliebten Ai-Ling nach Taipeh, um dort mehr über die Verstorbene zu erfahren und sie mit einer Ausstellung zu ehren. Die Journalistin Mei-Li beginnt sich um sie zu bemühen, aber Sophie weist sie zurück. Dennoch taucht Mei-Li nach Sophies Rückkehr in Hamburg auf und ein Verwirrspiel mit den Identitäten beginnt.

La journee de la jupe (Skirt Day)
Regie: Jean-Paul Lilienfeld, Frankreich, Belgien
DarstellerInnen: Isabelle Adjani, Denis Podalydes, Yann Collette
Die französische Schauspielerin, die seit über drei Jahrzehnten - unter anderem in Filmen von Bruno Nuytten ("Camille Claudel") und Luc Besson ("Subway") - das Kinopublikum in ihren Bann zieht, wagt sich in der Sozio-Satire an die schwierige Rolle einer Lehrerin, die an einer Problembezirk-Schule arbeitet und unvermittelt die täglichen Aggressionen in ihrer Klasse gegen die SchülerInnen selbst wendet. Mit einer Pistole drohend hält sie die Jugendlichen in Schach und bringt die Schule zum Schreck des Direktors in das Licht der öffentlichen Aufmerksamkeit. Viel Zündstoff für anschließende Diskussionen garantiert!

El niño pez (The Fish Child)
Buch und Regie: Lucía Puenzo (Argentinien/Spanien) 93 Minuten
DarstellerInnen: Inés Efrón, Emme, Pep Munné, Arnaldo André, Carlos Bardem
Die Autorin avancierte bei dem Filmfestpielen in Cannes mit ihrem Regie-Debut "XXY" zum angesehenen Doppeltalent. Die Handlung ihres eindringlichen Romans über zwei junge Frauen, deren Liebe die extremen Klassenunterschiede im reichsten Land Lateinamerikas überwindet und dann auf eine schwere Belastungsprobe von Außen gestellt wird, verfilmte sie als atemberaubenden Thriller, der dunkelste Familiengeheimnisse aus dem Tabu reißt und hinter die Kulissen der argentinischen Sozialstruktur blickt.

Absolute Evil
Regie: Ulli Lommel, USA, 80 Minuten
DarstellerInnen: Carolyn Neff, David Carradine, Ulli Lommel, Chris Kiesa
Eine junge Frau kehrt gemeinsam mit ihrem Freund an den Ort ihrer Kindheit und Jugend zurück. Sie hofft, Licht unter die dunklen Schleier ihrer Vergangenheit bringen zu können. Ihr Vater, ein Polizist, wurde brutal erschossen. Sie muss sich entscheiden, ob Rache oder Verzeihung ihr einen Weg in die eigene Zukunft ebnen wird. Inszeniert als Thriller im frühen Lynch-Stil, psychologisch geschickt mit den Kernfragen über die Abgründe der menschlichen Seele jonglierend.

Yang Yang
Regie: Yu-Chieh Cheng, Taiwan, 112 Minuten
DarstellerInnen: Sandrine Pinna, Ruei-Jia Chang, Chien-Wei Huang
Die Identitätssuche einer jungen Frau Anfang 20 im urbanen Taiwan: Als die Mutter neu heiratet, ist Yang Yang zunächst begeistert und versucht mit viel Ehrgeiz den Anforderungen ihres Stiefvaters gerecht zu werden. Doch sie erreicht nicht ihre hochgesteckten Ziele als Läuferin und College-Studentin und zieht von zu Hause aus, um eine Schauspielkarriere zu beginnen.

City of Borders
Regie: Yun Suh, USA, 68 Minuten, Doku
Die gebürtige Koreanerin (seit ihrer Kindheit in Amerika lebend) zeigt, wie fünf ProtagonistInnen aus der Queer Communtiy von Jerusalem dem Hass zwischen PalästinenserInnen und JüdInnen einen gelungen Versuch der Annäherung entgegensetzen. Ihr Treffpunkt ist unter anderem die Queer Bar "Shushan", für deren Besuch junge PalästineserInnen die Mauer vom Gaza-Streifen illegal überklettern.

At Stake
Regie: Iwan Setiawan, Muhammad Ichsan, Lucky Kuswandi, Ucu Agustin, Ani
Ema Susanti, Indonesien, 107 Minuten, Doku
Unter wechselnder Regie werden in fünf Teilen die Lebensbedingungen junger Frauen in Indonesien, dem größten islamischen Land, hinterfragt. Dabei überrascht, mit wie viel Mut sich die ProtagonistInnen den herrschenden Moralvorstellungen entgegenstellen. Auch die Möglichkeiten zum lesbischen Zusammenleben werden thematisiert.

Endstation der Sehnsüchte
Regie: Sung-Hyung Cho, Deutschland, 97 Minuten, Doku
Die Regisseurin, bekannt durch den sensationellen Erfolg ihres Dokumentarfilms "Full Metal Village", porträtiert drei südkoreanische Gastarbeiterinnen, die in den Siebziger Jahren nach Deutschland kamen und die nun in der Hoffnung auf einen ruhigen Lebensabend mit ihren deutschen Ehemännern in die asiatische Heimat zurückehren. Doch anstatt endlich "nach Hause" zu kommen, landen sie in dem Dorf Dogil Maeul (Deutsches Dorf). Die drei Frauen müssen feststellen, dass mit ihrer Rückkehr das Heimweh nicht verschwindet und dass sie nach mehr als dreißig Jahren in Deutschland nicht nahtlos an ihre alten Wurzeln anknüpfen können: Sie tragen traditionelle, koreanische Trachten in Wohnzimmern mit Schrankwänden aus deutscher Eiche. Und während sie über mangelnde Ordnung und Disziplin der Koreaner schimpfen, lernen ihre Ehemänner koreanische Volkstänze.

Perspektive Deutsches Kino

Gitti
Regie: Anna Deutsch, 35 Minuten, Doku
Das Nachwuchstalent (Studentin an der HFF "Konrad Wolf" Potsdam) porträtiert eine 70-jährige Berliner Witwe, die sich mit viel Humor und einer Brise Melancholie auf die Suche nach der nächsten großen Liebe per Kontaktanzeige begibt.

Hans im Glück
Regie: Claudia Lehmann, 60 Minuten, Doku
Ein Ausflug in die Berliner Musik Szene auf den Spuren des Bassisten Hans Narva (unter anderem "Herbst In Peking").

Forum

The Day After (Eoddeon gaien nal)
Regie: Lee Suk-Gyung, Republik Korea, 88 Minuten
DarstellerInnen: Kim Bo-Young, Chi Cheong-Nam
Die zufällige Begegnung mit einer fast gleichaltrigen Frau in einem geteilten Hotelzimmer während eines Seminars auf dem Land löst bei der knapp 40jährigen Bo-Young einen inneren Prozess aus, durch den sie merkt, wie sehr sie den Kontakt zu ihren Gefühlen verloren hat. Seit einem Jahr lebt die Autorin, Dozentin und Großstädterin in Scheidung.
Die Regisseurin, die auch das Drehbuch schrieb und den Film schnitt, verzeichnet in ihrer eigenen beruflichen Biographie die Leitung des Frauenverlags "Yeo-Sung-Sa", die Geschäftsführung des Korea Sexual Violence Relief Centers und eine Dozententätigkeit in Women´s Studies an der Universität von Seoul.

Land of Scarecrows (Heosuabideuleui ddang)
Regie: Roh Gyeong-Tae, Republik Korea, Frankreich, 90 Minuten
DarstellerInnen: Kim Sun-Young, Phuong Thi-Bich, Jung Du-Won
Die Dreiecksgeschichte, deren Eckpunkte in zurückhaltend beobachteten, sich langsam entwickelnden Episoden zusammengeführt werden, wirft zugleich einen Blick auf das soziostrukturelle Verhältnis zwischen Korea und den Philippinen.
Die Installationskünstlerin Ji-Young lebt im ländlichen Südkorea in einer heimlichen Transgender-Existenz. Sie heiratet Rain, die von den Philippinen nach Korea reiste, in der Hoffnung hier einen Ehemann zu finden - auch zur Verbesserung ihrer materiellen Situation. Der Dritte im Bunde ist der erwachsene Adoptivsohn von Ji-Young, der sie sucht, nachdem sich vor einiger Zeit der Kontakt verloren hatte.

Kan door huid heen (Can Go Through Skin)
Regie: Esther Rots, Niederlande, 97 Minuten
DarstellerInnen: Rifka Lodeizen, Wim Opbrouck
Das Langfilmdebut der Regisseurin, die für ihre Kurzfilme bereits vielfach ausgezeichnet wurde, gewährt einen intensiven Einblick in das Traumaerleben einer jungen Frau, die in Amsterdam in ihrer Wohnung brutal überfallen wird und nur knapp mit dem Leben davonkommt. Die zuvor extrovertierte Marieke zieht sich in ein Haus auf dem Land zurück und stellt sich dort ihrem inneren Gefühlsstrudel bis sich ihr allmählich ein Weg ins Leben zurück eröffnet.

Die koreanische Hochzeitstruhe (The Korean Wedding Chest)
Regie: Ulrike Ottinger, Deutschland 2009, 82 Minuten, Doku
Die Filmemacherin ("Prater", "Die zwölf Stühle") gestaltete ein modernes Märchen über koreanische Hochzeitstraditionen und ihre Auswirkungen auf das Korea der Gegenwart.

Rachel
Regie: Simone Bitton, Frankreich, Belgien, 100 Minuten, Doku
Die erfahrene Dokumentarfilmerin spürt in detektivischer Feinarbeit den Hintergründen des Todes der 24jährigen Rachel Corrie im Gaza-Streifen nach. Die amerikanische Friedensaktivistin wurde von einem Bulldozer der israelischen Armee während ihres Versuches, als menschliches Schutzschild die Zerstörung von Häusern zu verhindern, überrollt. Augenzeugenberichte beider Seiten stehen im Gegensatz zueinander. Die Frage, ob ein tragischer Unfall oder grobe Fahrlässigkeit durch die Armee die Ursache war, verfolgt Bitton rekonstruierend am Originalschauplatz, im forensischen Institut in Tel Aviv, anhand von (bisher nicht freigegebenem) Videomaterial der Armee und durch Interviews mit allen Verantwortlichen.

Citizen Juling (Polamuang Juling)
Regie: Kraisak Choonhavan, Manit Sriwanichpoom, Ing K, Thailand, 222 Minuten, Doku
Eine Filmemacherin, ein Künstler und ein Politiker und Menschenrechtsaktivist erkunden die Hintergründe eines Anschlags auf zwei Lehrerinnen im Frühjahr 2006. Anhand von Interviews mit ZeugInnen, KollegInnen, Familienangehörigen, Gerichtsbediensteten und anderen Beteiligten wird das Ausmaß und die Ursachen der Tat begreifbar und es zeigt sich, wie tief die Spaltung unter den Bevölkerungsgruppen ist. Zugleich schwingt in den Erzählungen mit, wie die Menschen versuchen, ihre ambivalenten Gefühlen, die zwischen Hoffnung auf Veränderung und fassungsloser Wut schwanken, zu bewältigen und Zuversicht zurück zu gewinnen.

Forum Expanded

Der kleine Ableger des Forums geht in die vierte Runde und gibt ausführlich Gelegenheit zu außergewöhnlichen visuellen Erfahrungen, denn sein erklärtes Ziel ist es, eine Brücke zu schlagen zwischen den klassischen Formaten des Filmfestivals und den Raum- und Bildexperimenten des Kunst- und Galerienkontexts. Filminstallationen werden in einem Dutzend verschiedener Orte gezeigt, darunter in acht Berliner Galerien.

Neben den dortigen Installationen, bei denen die ZuschauerInnen frei entscheiden können, wie viel von dem filmischen Material sie ansehen wollen, denn spontanes Hinein- und Hinausgehen ist hier erwünscht, gibt es im Rahmen von Forum Expanded in den Kinosälen einige künstlerisch sehr innovative Filme zu sehen:
Die New Yorkerin Jennifer Reeves kreierte mit "When It Was Blue" (USA, Island, 68 Minuten) eine Ode an die Naturgewalten und deren bizarre Wechselspiele. Als Quartett der Jahreszeiten und der Himmelsrichtungen setzte sie ihr Werk im 16mm Format um und erzielt eine enorme Wirkung durch die Kraft visueller Effekte wie Morphing, Strukturen, abstrakte Farbspiele, die sie aus Naturbildern gewinnt und immer wieder auf diese zurückführt, sowie der Intensität des von Skúli Sverrisson geschriebenen Scores. In einem Special Screening des Forums kann dieses hoch sinnliche Ereignis als 16mm-Doppelprojektion mit musikalischer Live-Begleitung am 13. Februar im Delphi erlebt werden.

Ein Abstecher in den Hamburger Bahnhof lohnt sich besonders für LiebhaberInnen des feministischen Kinos. Hier findet am Sonntag, den 8. Februar, die Live-Performance "Changing The Shape Of Film: Available Space And Bent Time" von Barbara Hammer statt.
Ihr neuer dreissigminütiger Kurzfilm "A Horse Is Not A Metaphor" (USA) wird zudem zusammen mit einem Querschnitt aus ihrem Gesamtwerk im Arsenal gezeigt. In der assoziativ-poetischen, zugleich erschütternden Film-Collage setzt sich die lesbische Ikone der Queer-Scene mit ihrer akuten Krebserkrankung auseinander.

Mehr Informationen und das detaillierte Programm finden Sie unter:
www.berlinale.de
www.teddyaward.tv



Kunst + Kultur

Beitrag vom 02.02.2009

AVIVA-Redaktion